Es geht um die Weiterentwicklung unserer Demokratie.

Ein Vortrag von Barbara Strauch: “Soziokratie in der Politik. Chancen und Herausforderungen des Konsent-Prinzips”, beim Zukunfstsymposium am 1. März 2025 in St.Pölten “Wege in eine lebendige und zukunftsfähige Politik”.

Wenn Menschen nur alle vier oder fünf Jahre die Gelegenheit haben, eine Partei zu wählen, die dann die Vertreter:innen für die politischen Positionen bestimmt, ist das etwas dürftig. Wenn gleichzeitig auch das Vertrauen in die amtierenden Regierungen sinkt, kann das einen starken Ruf nach Gehört-werden in verschiedenen Bevölkerungsgruppen auslösen. Das sieht man dann bei den Wahlen durch eine erhöhte “Wut-Wähler:innenschaft” und insgesamt durch erhöhtes Protestverhalten bei Demos, oder die Bildung neuer Parteien und Bürger:inne-Listen.

Gehen wir an die Sache “soziokratisch” heran, dann scheint jetzt der beste Zeitpunkt zu sein, endlich ALLE in die Lösungsfindung einzubeziehen. Aber wie geht das? Zum Glück gibt es jahrezehntelange Erfahrungen mit inklusiven Entscheidungsprozessen und praxiserprobte Methoden, auf die man einfach zugreifen kann. Das Soziokratie Zentrum hat in den letzten 10 Jahren einen großen Pool an Expert:innen, soziokratischen Gesprächsleiter:innen und Prozessbegleiter:innen ausgebildet, die alle in der Gesellschaft unterwegs sind und neben vielen anderen Kolleg:innen mit Methoden des Miteinader den Boden für eine kollaborative Entscheidungskultur bereiten. Wir können uns heute an vielen erfolgreichen Anwendungsbeispielen orientieren, die zeigen, wie an der Schnittstelle zwischen Bürger:innen und Governments gemeinsam Lösungen erarbeitet und umgesetzt werden. Aber auch die politischen Gremien in sich, können die Methoden erlernen, denn: es ist nicht notwendigerweise so, dass man gegeneinander sein muss, wie die Beispiele zeigen.

Wer mehr zu diesem Thema erfahren möchte, kann am 1. März 2025 an dem Vortrag “Soziokratie in der Politik. Chancen und Herausforderungen des Konsent-Prinzips” von Barbara Strauch beim Zukunftssysposium in St. Pölten, das dieses Jahr unter dem Motte “Wege in eine lebendige und zukunftsfähige Politik” stattfindet, teilnehmen. Mehr Infos zu der Veranstaltung finden Sie hier. Damit sich politische Amtsträger:innen auf die neue Kultur des Miteinander einstimmen können, haben wir außerdem die Workshop-Reihe “Soziokratie in der Gemeinde? Geht das?”, für die neue Generation von Politiker:innen entwickelt. Start ist am 17. Mai 2025. Eine Moderationstraining für Bürgermeister:innen, Amtsleiter:innen und Bezirksvertreter:inne ist in Ausarbeitung.

Save the date:  am 29. November 2025 findet die Tagung Gemeinsam entscheiden in der Politik – Das Konsent-Prinzip in St. Pölten statt.

Im April 2024 sind neun Teilnehmer:innen in den aktuellen Jahrgang zur Ausbildung als Soziokratie Expert:innen (CSE) gestartet. Der berufliche Hintergrund der Teilnehmer:innen ist vielfältig und reicht von Unternehmensberatung über freie Schulen und Kindergärten bis zu Permakultur. Fast alle sind in Organisationen tätig, die bereits die Soziokratie implementiert haben. Drei Teilnehmerinnen haben im Vorjahr die Weiterbildung zur internen SKM Trainerin besucht, wobei ihre Neugierde noch tiefer in die Soziokratie einzutauchen, geweckt werden konnte. Die Mehrheit der Teilnehmer:innen kommt aus Deutschland mit Schwerpunkt in Berlin und Sachsen. Zwei angehende Soziokratie Expert:innen sind auch bereits Mitglieder beim neu entstandenen Soziokratie Zentrum in Leipzig.

Die Module der Ausbildung entsprechen den vier Phasen der Implementierung der Soziokratie in Organisationen und befassen sich theoretisch wie praktisch mit der Arbeit im Implementierungskreis, der Schulung der Arbeitskreise und der Einführung weiterer soziokratischer Muster. Sie werden begleitet von Peergruppentreffen und Reflexionstagen, um die Implementierungserfahrungen der angehenden Soziokratie Expert:innen in gemeinsame Lernerfahrungen zu verwandeln. Die Theorie-Module 4-7 haben bereits stattgefunden. Nun sind die Soziokratie Expert:innen in Ausbildung an ihren Implementierungsprojekten dran und treffen sich neben den regelmäßigen Reflexionstagen auch  Ende 2025 für Modul 8, bei dem dem die beruflichen Perspektiven nach der Ausbildung im Mittelpunkt stehen, wieder.

Haupttrainer des Jahrgangs ist Gyuri Bárány, der im Laufe dieses CSE Jahrgangs von der Soziokratie Zentrums Mitgünderin Barbara Strauch zum Trainer für die CSE Ausbildung auditiert wird. Seminarort ist Gyuris Homebase, das cocreation space co.lab in der St. Pöltner Innenstadt, wo unsere CSE i.A. schon fast zum Stadtbild gehören.

Die Teilnehmer:innen kennen einander teilweise bereits aus früheren Modulen und haben schnell ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Sie unterstützen einander, z.B. indem sie sich gegenseitig mit Moderationsgelegenheiten versorgen oder gemeinsame Projekte andenken. Die Chemie und die kulinarischen Vorlieben innerhalb der Gruppe harmonieren auch sehr gut mit Gyuri und Barbara. Bei den gemeinsamen Mittag- und Abendessen werden über die Ausbildung hinausgehende Ideen bewegt und Erfahrungen ausgetauscht. Auch außerhalb der Ausbildung gab es bereit ein nettes Treffen mit CSE aus Wien und Niederösterreich.

Vorausschauend auf den nächsten Jahrgang sammelt der Verband deutschsprachiger Soziokratie Zentren bereits das Interesse von Menschen, welche die Module 1-2 und vielleicht auch schon 3 besucht haben und mit der Ausbildung zum:r Soziokratie Expert:in weitermachen möchten. Realistischerweise wird der Bedarf im Laufe des Jahres 2025 groß genug werden, um den Start des nächsten Jahrgang konkret planen zu können. Bei Interesse melden Sie sich gerne bei [email protected] oder [email protected].

Soziokratie im Wohnprojekt Wien – Eine Erfolgsgeschichte

Autor: Erich Kolenaty

Das Wohnprojekt Wien am Nordbahnhofgelände gilt als Vorzeigeprojekt für gemeinschaftliches und nachhaltiges Wohnen. Seit 2013 leben dort rund 100 Menschen in einer selbstverwalteten Struktur. Eine zentrale Rolle bei der Organisation spielt die Soziokratie, die als Entscheidungsmodell eingeführt wurde, um ein effizientes, partizipatives und inklusives Miteinander zu ermöglichen.

In seiner Fallstudie beschreibt Erich Kolenaty den Weg von der Implementierung bis zur langfristigen Anwendung der Soziokratie im Wohnprojekt Wien. Er schildert, wie die Bewohner:innen durch transparente Entscheidungsprozesse, Kreisstrukturen und Konsentverfahren eine stabile Basis für ihr Zusammenleben geschaffen haben. Besonders bemerkenswert ist die kontinuierliche Weiterentwicklung der Organisationsstruktur und die Anpassung an neue Herausforderungen.

Die Erkenntnisse dieser Fallstudie bieten wertvolle Einblicke für andere gemeinschaftliche Wohnprojekte und Organisationen, die sich für partizipative Entscheidungsprozesse interessieren.

Fallstudie von Soziokratie Botschafter Erich Kolenaty:

Download.

Fallstudie – Wohnprojekt Wien

 

Das Konsentspiel “Keep the Balance” ist eine spielerische Möglichkeit, gemeinsam Entscheidungen zu treffen und Soziokratie kennenzulernen.

Wir laden zu einem Abend in den Reumannhof ein, wo wir das Spiel gemeinsam ausprobieren.

Datum/Zeit:

Do, 27.Februar 2025, 18:30-20:30

Ort:

Grätzl-Zentrum Reumannhof Margaretengürtel
Margaretengürtel 100-110/6/1
1050 Wien

Hosts:

Werner Kratochwil (Soziokratie Zentrum) und Nikolaus Edinger (Grätzlzentrum Reumannhof)

Interessiert? Bitte hier anmelden oder für nähere Informationen zur Veranstaltung und zum Spiel.

Herzlichen Glückwunsch an Brigitta Buomberger, unsere Zentrumsleiterin, zur erfolgreichen Re-Zertifizierung als Soziokratie Expertin CSE! 🎉

Letzte Woche wurde Brigitta durch das Zertifizierungskomitee die Re-Zertifizierung als Soziokratie Expertin CSE für weitere 5 Jahre anerkannt.

Deine kontinuierliche Arbeit und dein Engagement in der Förderung und Vermittlung der Soziokratie sind nicht nur ein Gewinn für unser Zentrum, sondern für uns alle.

Vielen Dank für alles, was du tust! 🙌

 

 

Letzte Woche Freitag hat das alljährliche Community Event, dieses mal im Co.Lab in St. Pölten, stattgefunden. Das Kennenlernen zu Beginn der Veranstaltung hat gezeigt, dass sowohl alte Bekannte, die bereits bei zahlreichen Community Veranstaltungen als auch neue Gesichter, die gerade dabei sind die Soziokratie besser kennenzulernen, dabei waren. Bei dem sehr offenen Veranstaltungsformat war reichlich Platz um die aktuellen Anliegen der Teilnehmer:innen in den Fokus zu rücken. Ganz nach dem Motto wir gestalten das Programm gemeinsam, jede:r bringt und nimmt mit was sie:ihn momentan beschäftigt. Dadurch waren verschiedenen Themen präsent: Wir haben über die Möglichkeiten und Einschränkungen von Soziokratie in der Politik, die offene Wahl in Großgruppen, eine regenerative unternehmerische Kultur für eine lebenswerte Zukunft, Soziokratie in unterschiedlichen Lebensabschnitten und viele weitere Themen geredet.

Der Nachmittag war von inspirierendem und ausgelassenen Austausch geprägt. Neben den inhaltlichen Themen und Netzwerken, ist auch ausreichend Platz für ungezwungenes Beisammen sein und (besseres) Kennenlernen vorhanden gewesen. Bei der Abschlussrunde hat sich gezeigt, dass der direkte Austausch und das Zusammenkommen den Rücken stärkt und die Motivation sowie Zuversicht fördert. Wir freuen uns zu sehen, dass die Soziokratie Community weiter wächst und in vielen Bereichen aktiv ist. Als Team des Soziokratie Zentrums Österreich – Region Wien/Ö-Ost zeigen uns Veranstaltungen, wie diese, wie wichtig Aktivitäten für die Soziokratie Community sind, um die Soziokratie in die Welt hinaus zu tragen.

 

“Wir brauchen wirklich gute Moderator:innen, hunderte und hunderte und hunderttausende,  die ausgebildet werden in einem industriellen Maßstab, denn das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für diesen Wandel!(Rob Hopkins)

Ein Artikel von Barbara Strauch
verfasst nach der Mitmachkonferenz der Wandel-Initiativen, 21.-22. September, Ober-Grafendorf bei St. Pölten:

Seitdem Rob Hopkins 2006 das Transition Town Movement initiiert hatte, wurden die Handbücher und Anleitungen, wie man eine regionale Wandel-Initiative umsetzt, in 50 Sprachen übersetzt.

Heute gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, die auf nachbarschaftlicher Basis versuchen, die Probleme unserer Zeit zu lösen. Speziell der Klimawandel ruft nach lokaler Zusammenarbeit, die uns helfen soll, die Gewohnheiten zu verändern. Soziolog:innen wissen, dass nur lokale Communities diese Kraft haben. Die Ökodorf-, Cohousing– und SoLaWi-Bewegungen,  Lokale Agenda21 (2030), SoNeC – Sociocratic Neighbourhood Circles, Nachbarschaftsrat Sonnwendviertel, Soziokratischer Konsultationsrat (SKR), Otelo, Tauschkreise, Repair-Cafés und Offene Kühlschränke, usw. sind nur einige der vielen konkreten, bereits umgesetzten Konzepte, die es weltweit gibt. 

Was hat das mit Soziokratie zu tun? 

Die kurze Antwort: Um Projekte mit Menschen umzusetzen, die auf Augenhöhe für ein gemeinsam formuliertes Ziel zusammenarbeiten möchten, brauchen wir gut funktionierende und erlernbare Kooperationsmethoden. Die Transition-Bewegung weltweit, das GEN – Global Ecovillage Network, die indische Kinderparlamente-Bewegung, das Netzwerk der inzwischen 500 SoLaWis in Deutschland und die über 60 Cohousing-Projekte in Österreich, nutzen die Soziokratie erfolgreich als ihre Organisationsmethode. Die Soziokratie hat in den letzten 10 Jahren zum Gelingen und damit zur Verbreitung kooperativer Nachbarschaftsprojekte wesentlich beigetragen.

Für mich begann die Konferenz mit den Fragen von Knut Wimberger, ARK, der am Samstag, 21. September 2024, den Vormittag zum Thema “Lokale Verantwortung. Globale Kooperation” moderiert hat. Auch ich war eingeladen zu sprechen. Hier die Fragen, die ich als Anregung via Email im Vorfeld von Knut bekommen hatte:

  1. Welche Räume / Territorien sind notwendig, um den Planeten nachhaltig zu bewirtschaften? 
  2. Welche Lerninhalte sind notwendig, um den Menschen zu einem planetary steward werden zu lassen?
  3. Wie müssen Entscheidungsprozesse innerhalb dieser Räume / Territorien abgebildet werden?
  4. Welche sinnvollen technologischen Möglichkeiten gibt es 1-3 umzusetzen? 
  5. Welche Berufsgruppen sind systematisch relevant, um Wandel im notwendigen Ausmaß einzuleiten?

Als erster Vortragender hat der Schweizer Michael Baumgartner, das Konzept  Neustart Schweiz vorgestellt, mit mehreren Antworten auf diese Fragen. 

Der Begriff “Bioregion” wurde vorgestellt und darin regionale Gemeinschaften, mit dem Ziel, die Grenzen unseres Planeten nicht zu überschreiten. Das Konzept von Neustart Schweiz entspricht im Wesentlichen einem größeren Ökodorf mit etwa 500 Bewohner:innen und hat einen städtischen Charakter. Hier konnte ich gut anknüpfen. Um solche nachbarschaftlichen Konzepte nach und nach umsetzen zu können, müssen wir zuerst die Grundlagen erlernen, wie gute Kooperation funktioniert. Die Menschen werden sich nur darauf einlassen, wenn sie Vertrauen haben, dass sie die nötige Selbstorganisation gemeinschaftlich bewerkstelligen können. Nach einem Jahrhundert immer stärkerer Vereinzelung, dem stetig sinkenden Vertrauen in politische Parteien und seit 15 Jahren Social Media mit online-Communities, welche die persönlichen Freundeskreise abgelöst haben, sowie Fake-News-Überflutung die uns verunsichert, ist der Aufbau dieses Vertrauens eine wirklich große Herausforderung. 

“Wozu sollten wir das Zusammenleben neu erlernen?”, fragen sich vielleicht viele. “Es funktioniert ja eh nicht!” Sie haben das Vertrauen in gemeinsame Ziele oder gemeinsame Entscheidungen verloren. 

Wir müssen zuerst dieses Vertrauen wieder aufbauen

Ich glaube nicht, dass wir diesen Lernprozess von oben und womöglich flächendeckend verordnen können. Mir geht es erstmal nicht um die Bundes- oder Landes-Politik, um die Errichtung von Bioregionen oder gar die Auflösung von Grenzen. Meines Erachtens muss die Lösung ein Bottom-up-Ansatz sein. Und wir haben diesen Weg bereits eingeschlagen: Es geht um den graswurzelartigen Aufbau von Vertrauen in die Fähigkeit von uns Menschen, es gemeinsam schaffen zu können. 

In den letzten zehn Jahren haben wir in all den vorher genannten Initiativen begonnen, die kreativen Kräfte der Selbstorganisation, wie sie die Soziokratie hervorbringt, zu nutzen. Deshalb bin ich so zuversichtlich, dass wir diese kooperativen Kulturtechniken auch “als Gesellschaft” nach und nach erlernen können. So wie wir als Gesellschaft vor 100 Jahren das Zähneputzen oder vor 30 Jahren die Mülltrennung gelernt haben.

Es genügt heute nicht mehr, wenn wir nur in den NGOs und alternativen Projekten, wie Cohousings und Foodcoops gemeinsam entscheiden, sondern wir müssen diese Werkzeuge jetzt auch in die Unternehmen, in die Schulen und letztendlich in die Politik bringen. Das Unternehmen – die Schule der Nation! Die Menschen in den Betrieben sollen als Führungskräfte und Mitarbeitende über die Betriebsräte, die Betriebliche Gesundheitsförderung, die Teamsitzungen und Projektarbeit erleben, dass ein gemeinsames Entscheiden möglich ist. In den Schulen werden Lehrkräfte befähigt, gemeinsam im Team und zusammen mit den Schüler:innen den Schulalltag co-kreativ zu gestalten. Politik wird letztlich zu einem gemeinsamen Handeln für das Gemeinwesen. So erreichen wir den “industrial scale”, von dem Rob Hopkins bei der Wandel-Konferenz gesprochen hat.

Die Soziokratische KreisorganisationsMethode als Lernprogramm

Wir haben in den letzten zehn Jahren gesehen, dass uns beim Erlernen von Kooperation auf Augenhöhe die Soziokratische KreisorganisationsMethode als Lernprogramm enorm hilft, weil sie für sichere Räume sorgt, wo alle gehört werden, und wo einzelne ermächtigt werden, für sich selbst UND für das Ganze zu entscheiden. Das stärkt jede:n Einzelne:n UND auch dessen Verantwortlichkeit für die Gemeinschaft. Wir finden uns wieder zusammen. 

Ich habe vor Jahren das Buch “Leben in Ladakh” von Helena Norberg-Hodge gelesen. Helena beschreibt in diesem Buch, dass damals, 1976, als sie ihre Arbeit in Ladakh begonnen hat, bei jeder Verhandlung über einen Kaufpreis auf dem Markt ein Moderator anwesend war. Immer wo zwei Menschen sich einen Preis aushandeln mussten, kam ein daneben stehender Mensch dazu und hat den beiden geholfen bei der Sache zu bleiben und zu einem Ergebnis zu kommen, das für beide passt. Und wenn kein Erwachsener verfügbar war, dann hat auch jedes 10-jährige Kind diese Aufgabe übernehmen können, berichtet Helena Norberg-Hodge.

Lasst uns diese neuen Kulturtechniken also genau dort lernen, wo wir bisher geglaubt haben, dass wir eh nichts zu sagen haben. Im Betrieb, in der Schule und in der Nachbarschaft. Genau dort haben wir ab jetzt eine Stimme, wenn wir uns auf diese anderen Entscheidungsstrukturen einlassen, die wir Soziokratie nennen. Endlich ernst genommen und beteiligt werden. Mit Redezeit und Konsent. 

Freilich kann man auch im Gemeinderat anfangen, wie wir das in Utrechtse-Heuvelrug NL sehen können. Auch Politiker:innen können Kooperation lernen und auch sie würden damit bessere Ergebnisse erzielen. Gemeindepolitik könnte dadurch wieder attraktiv werden. 

Aber wir können nicht darauf warten, dass sich zuerst die politischen Systeme ändern. Wir müssen hier und jetzt bei uns selbst anfangen, da wo wir leben und arbeiten, lernen und unterrichten. Auch der SONEC-Ansatz oder die indische Kinderparlamente-Bewegung könnten nur wenig verändern, wenn sie nicht ihre grundsätzliche Zusammenarbeits-Methode auf “soziokratisch” umgestellt hätten. Nur wenn wir die Machtverhältnisse in den Projekten, Gremien, Organisationen, Schulen und Unternehmen auf “Gleichwertigkeit in der Teilhabe und der Entscheidung” umstellen, können wir uns die Verantwortung geben, die notwendig ist, um Verantwortung zu übernehmen. Solange die Verantwortung bei nur wenigen Menschen liegen bleibt, bleibt alles beim Alten. Gib mir die Macht und ich mache mit. Gib mir die Verantwortung für das Gelingen und ich übernehme sie mit. Das ist Soziokratie. Und das kann man lernen.

Niemand wird übergangen

Der zweite Konferenztag in Ober-Grafendorf, am Sonntag, 22. September 2024 wurde von Kornelia Senzenberger und Frank Braun moderiert. Frank Braun ist einer der Voranbringer der internationalen Transition Bewegung und wurde letztes Jahr von Markus Spitzer zur Soziokratie-Anwendung im Transition Town Movement  interviewt. Frank Braun hatte damals im Interview zu Markus Spitzer gesagt: “Der Mensch der den Konsent erfunden hat, sollte den Friedensnobelpreis bekommen!” 

An diesem Konferenztag waren Franz Nahrada und ich bei der Session mit Rob Hopkins, online dabei. Franz Nahrada ist als Erfinder der “Globalen Dörfer” und der “Dorf-Uni” ein Transition-Urgestein und wir kennen uns seit 20 Jahren. Franz hatte die Mitmach-Konferenz nach Ober-Grafendorf gebracht. Rob Hopkins habe ich zuletzt vor zwei Jahren bei einer ähnlichen Gelegenheit getroffen. Damals hat Rob freudestrahlend berichtet, dass die Transition-Town-Bewegung nun auch weltweit soziokratisch organisiert ist. 

Der Input von Rob Hopkins an diesem 3. Konferenztag war außerordentlich inspirierend und es gibt ein Video auf dem Dorf-Uni-Youtube-Kanal, wo man ihn nachhören kann. Ich habe mir daraufhin endlich das Handbuch des Transition-Town-Movement genau angeschaut. Es ähnelt in so vielen Dingen dem, was wir auch in unser SONEC-Handbuch geschrieben haben. Die wichtigste Parallele: Niemand wird übergangen, auch nicht der Gemeinderat! Wenn du also eine Initiative startest, dann starte mit der Erforschung der vorhandenen Strukturen und Initiativen und wertschätze sie! Im SONEC-Handbuch ist das die Phase des Mapping. Wir machen eine Landkarte aller engagierten Menschen in dieser Nachbarschaft und kontaktieren sie, um nach ihren Erfahrungen zu fragen betreffend die Gemeinschaft hier vor Ort. Die Vergangenheit und Gegenwart eines Ortes gut zu kennen hilft einfach enorm, um mit den Kräften zusammenwirken zu können. “Sie werden zu deinen Verbündeten, wenn du sie liebst”, meinte Alfred Strigl, von Plenum, der auch auf der Konferenz war.

Weil ich diese Haltung zutiefst teile, habe ich an alle anwesenden Transition- und Mitmach-Regionen Aktivist:innen schon am Samstag appelliert, ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge gleich selbst in den aktuellen Gremien vor Ort einzubringen.

In den Gemeinderäten werden gewöhnlich engagierte Leute gesucht, die wirklich etwas bewegen wollen. Also geht in die Gemeinderäte als Gemeindevertreter:innen! Aber bitte nicht als Opposition, sondern am besten gleich in die stärkste Partei. Die Partei, welche die letzte Wahl gewonnen hat, kann mit euch diese neue Mitmach-Kultur erlernen. “Nur wer die Macht hat, kann sie auch teilen”, haben wir aus der Soziokratie gelernt. Lernen wir doch den Gemeinderäten, wie Macht teilen funktioniert! 

Wir transformieren das aktuelle “Streitsystem zum Stimmen-gewinnen”, indem wir beginnen, Probleme über Parteigrenzen hinaus gemeinsam “soziokratisch” zu lösen. In Villach sitzen die Transition Town Aktivist:innen von “Verantwortung ERDE” bereits zu fünft im Gemeinderat und stellen den Stadtrat für Mobilität, Natur- und Umweltschutz, Verkehrsplanung und Strafamt. Derzeit sind diese noch “Opposition”, jedoch die Kultur des Miteinander kann von diesen fünf Menschen bereits in den Villacher Gemeinderat gebracht werden. Das nenne ich “Transition”.

Um im Gemeinderat mitzureden, solltet ihr selbst gute soziokratische Gesprächsleiter:innen sein, wie Rob Hopkins gemeint hat (min 42:48 im Video): “The power of good facilitation is one of the important things and always has been in the transitions movement. If I learned one thing over the last 18 years: 

“We really need good facilitators in a hundred and hundred and hundred of thousands being trained on an industrial scale because this is one of the most important things for this shift. 

Auf Deutsch: “Die Stärke einer guten Moderation ist eines der wichtigsten Dinge in der Transition-Bewegung und war es schon immer. Wenn ich in den letzten 18 Jahren etwas gelernt habe: Wir brauchen wirklich gute Moderator:innen, hunderte und hunderte und hunderttausende,  die ausgebildet werden in einem industriellen Maßstab, denn das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für diesen Wandel!”

Soziokratische Moderation für gemeinsame Entscheidungsfindung kann man lernen.

Die Graswurzel-Bewegungen kommen in den Mainstream

Im Gespräch mit Martin Kirchner, dem Gründer der Pioneers of Change, der auch auf der Mitmach-Konferenz war, haben wir uns darüber ausgetauscht, dass einige der Graswurzel-Initiativen, die auch wir beide schon vor mehr als 20 Jahren (damals gemeinsam im Austrotopia-Netzwerk) auf den Weg gebracht haben, inzwischen aus dem Gras zu großen Bäumen herangewachsen sind. Heute können wir einander gut sehen und sind froh, dass wir viele sind und gewachsen sind und über das Wurzel-Netzwerk kommunizieren und zusammenwirken. 

Transition-bewegte Menschen sind heute bereits 25% der Gesellschaft, schätzt Rob Hopkins, und wir können es mit den Methoden des Miteinander, die wir seit 20 Jahren verbreiten und anwenden, auch schaffen, die neuen Narrative nachhaltig zu etablieren. Rob Hopkins sagt, wir brauchen positive Geschichten von der Zukunft und berichtet von einem Slogan auf einem T-Shirt, das er bei einer Demo gesehen hat, und das Mädchen willigte ein, dass er sie fotografiert:  “I’ve been to the future. We won!(min 54:00 im Video)

Nun möchte ich an den Anfang zurückkehren und versuchen, die Fragen von Knut Wimberger zu beantworten. Meine Antworten sind ein Hinweis auf die Gegenwart, in dem Sinne: Da stehen wir, da können wir jetzt etwas tun:

  1. Welche Räume / Territorien sind notwendig, um den Planeten nachhaltig zu bewirtschaften?
    NACHBARSCHAFTEN und GEMEINDEN
  2. Welche Lerninhalte sind notwendig, um den Menschen zu einem planetary steward werden zu lassen?
    GOOD FACILITATION – gute Moderation
  3. Wie müssen Entscheidungsprozesse innerhalb dieser Räume / Territorien abgebildet werden?
    SOZIOKRATISCH
  4. Welche sinnvollen technologischen Möglichkeiten gibt es 1-3 umzusetzen?
    Kurse besuchen und in der eigenen Schule, Firma, Transition-Gruppe und/oder in der Gemeinde im Gemeinderat ANFANGEN, Entscheidungen gemeinsam zu treffen, mit Konsent
  5. Welche Berufsgruppen sind systematisch relevant, um Wandel im notwendigen Ausmaß einzuleiten?
    MODERATOR:INNEN und PROZESSBEGLEITER:INNEN

Am 12. Oktober, auf dem Heimweg von der nächsten Konferenz, “Jede:r hat eine Stimme. Wege zur politischen Mitbestimmung auf Gemeindeebene in NÖ” sitze ich im RailJet und nehme mir vor, heute diesen Bericht zu finalisieren. Martina Handler, Initiatorin von https://partizipation.at/  hat heute von den vielen Möglichkeiten der Partizipation referiert, und Kenan Güngör erklärte den Teilnehmenden die soziologischen Ursachen von Ausländerfeindlichkeit. Auch im Open Space bin ich Lernende und höre, wie man einen Integrationsbeirat in einer Gemeinde installieren kann, aber vor allem erfahre ich, dass sich – ganz neu – ein neuer Gemeindevertreter-Verband ÖSI “ÖkoSoziale Initiative” gegründet hat. Ein Gemeindevertreter-Verband ist eine verpflichtende Institution für Gemeinderäte. Jede:r Gemeindevertreter:in mit Sitz in einem der 2.093 Gemeinderäte Österreichs, muss einem solchen Verband beitreten. Das Besondere an der ÖSI: Sie nimmt nur Partei-unabhängige Mitglieder auf, die sich den SDG’s (Sustainable Development Goals der UNO) verpflichten. Der Obmann, Christian Oberlechner, berichtet stolz, dass sie ihre Satzung und den Namen ÖSI mit der Konsent-Methode beschlossen haben. “Coole Sache, die Konsent-Methode, die hat uns sehr geholfen!”  Die ÖSI scheint mir eine echte Alternative zur Partei-Politik zu sein und unterstützt Einzelpersonen, die eine sog. “Liste” gründen, um sich ohne Partei und Klubzwang in den Gemeinderat wählen zu lassen. Das ist gar nicht schwer, lerne ich im Open Space. Wenn diese freien Mandatar:innen dann auch noch die Konsent-Methode kennen, dann können diese demokratisch gewählten Gemeindevertreter:innen nach und nach eine Kultur des Miteinander in die Gemeinderäte bringen

Umso mehr gehöre ich auch heute, am 12. Oktober 2024 zu den Optimist:innen, die mit Rob Hopkins daran glauben, dass wir es schaffen werden: I’ve been to the future. We won!

Wir freuen uns, bekannt geben zu dürfen, dass Lisa Praeg, Soziokratie Expertin, Teil des Wiener Bildungsfestivals 2024 sein wird! Gemeinsam mit Gnanaseker Danapal, dem ehemaliger stellvertretender Premierminister des nationalen Kinderparlaments in Indien, wurde sie für die  die Paneldiskussion “Demokratie&Partizipation” eingeladen. Das Soziokratie Zentrum möchte eine herzliche Veranstaltungsempfehlung aussprechen:

Das Ziel des Festivals ist es, den Wissensaustausch über Bildungsinnovationen zu fördern und
engagierte, innovationsaffine Akteur:innen im Bildungsbereich miteinander zu vernetzen.
Letztes Jahr war das Festival der Startschuss für ein Netzwerk engagierter und innovativer
Köpfe in der Bildung. Dieses Jahr bauen wir auf diesem Fundament auf—stärker, vernetzter
und bereit, gemeinsam Veränderungen zu gestalten. Sei dabei bei der zweiten Ausgabe,
wenn wir die Zukunft der Bildung mit neuen Ideen, inspirierenden Austauschen und
wegweisenden Projekten weiter vorantreiben! 🌱✨

WANN? 27. November von 13.00 – 18.00 Uhr
WO? Erste Campus, Wien
FÜR WEN? Pädagog:innen, Schulleitungen, Vertreter:innen von Vereinen und Bildungsinitiativen,
sowie auch Vertreter:innen aus Politik, Verwaltung, Behörden und Wirtschaft

Mehr Infos und Tickets sichern: https://www.bildungsfestival.at/

 

„Danke Euch für Euer Engagement in diesem Feld. Unternehmen sind der Schlüssel für die weitere Verbreitung von Soziokratie.“ Zitat einer an der Umfrage teilnehmenden Person

Teilgenommen haben 25 Unternehmen, davon 12 mit Standort in Österreich, 7 in Deutschland, 5 in der Schweiz, 1 in der D-A-C-H- Region, davon 8 Unternehmen mit mehr als 51 Mitarbeiter:innen, bzw. davon 3 größer als 250. Die Gründe, warum Soziokratie in die befragten Unternehmen eingeführt wurde, betrifft zum einen die veränderte Struktur wie den Abbau von Hierarchien, das Mittragen der Entscheidung auf Augenhöhe und Verantwortung verteilt auf viele Mitarbeitende. Zum anderen geht es auch sehr stark um die Art der Meetingsgestaltung, mit der durch den KonsenT bessere und langfristige Entscheidungen getroffen werden. Eine teilnehmende Person beschreibt das so: “Ich kenne das Entscheiden im KonsenT … seit 2015. Für mich sind klassische Sitzungen nur noch schwer zu ertragen…“

Für das Soziokratie Zentrum Österreich – Region Wien/Ö-Ost ergibt sich als Feedback zur Frage der gewünschten Austauschformate eine hohe Zustimmung für die angedachten Exkursionen zu Unternehmen sowie Barcamps oder Open Spaces.

Daher werden wir im Rahmen unseres Communitytags am 15. November diesen Jahres im Community Lab in St. Pölten ein Barcamp zu verschiedenen Themen anbieten. Dabei kommen wir insbesondere auch den Wünsche aus der Unternehmensumfrage nach, z.B. Auschtausch für die unterschiedlichen Rollen sowie Spezialthemen wie den (Vereins-)Vorstand in der Soziokratie.

Wie bereits erwähnt, stieß der Austausch im Rahmen von Exkursionen zu Unternehmen, die bereits soziokratisch arbeiten, ebenfalls auf großes Interesse. Daher findet am 24.1.2025 von 10 bis 13 Uhr eine Exkursion zu CULUMNATURA statt.  Dieses Angebot ist von besonderem Interesse für die Zielgruppe der internen Trainer:innen. Für mehr Informationen hierzu und zur Anmeldung bitte hier lang.

Aus der Umfrage ist auch hervorgegangen, dass Formate zum Austausch der einzelnen soziokratischen Rollen großen Zuspruch erfahren. Daher arbeiten wir derzeit an einem solchen Angebot. Mehr Infos dazu folgen.

Alle Veranstaltungen sind für Mitglieder der Region Wien/Ö-Ost ermäßigt. Natürlich freuen wir uns auch über rege Teilnahme von Personen aus anderen Regionen!

Eine Kooperation der beiden Soziokratie-Expertinnen Tatjana Tupy und Luise Ogrisek mit dem Bau.Energie.Umwelt Cluster der ecoplus Wirtschaftsagentur NÖ ermöglicht interessierten Führungskräften aus Unternehmen dieser Branchen, Soziokratie als innovative Führungsmethode kennenzulernen. In einer Workshop-Folge à 2 ½ Tagen können Sie erleben, wie Soziokratie Mitbestimmung und Motivation auf Augenhöhe fördert.
In einem kostenfreien Info-Event (online) am 18. November 2024 geben die beiden Expertinnen einen ersten Einblick, wie Soziokratie die Zusammenarbeit und das Arbeitsklima nachhaltig positiv beeinflussen kann und erfahren nähere Details zu den Inhalten der Workshop-Reihe. Mehr Infos sowie die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es hier.